2.
Rundbrief von Maike Paulus
St.
Louis, 15 Februar 2013
Liebe Unterstützerinnen, Unterstützer, Verwandte,
Freunde, Interessierte,
nun bin ich schon fast ein halbes Jahr in St. Louis,
Missouri, Amerika, „am anderen Ende der Welt“. Halbzeit also!
Drei Monate sind seit meinem letzten Rundbrief vergangen. Es wird
also höchste Zeit für meinen 2. Rundbrief.
Wenn ich so auf die letzten drei Monate zurückblicke,
kann ich gar nicht glauben wie viele neue Erfahrungen, Erlebnisse,
Erkenntnisse, Höhen und Tiefen in diesen Monaten stecken. Und ich
muss feststellen, dass die Zeit schneller vorbei ging, als ich
anfangs dachte. Es ist fast unmöglich in Worte zu fassen, was ich
hier erlebt habe.
Auf jeden Fall kann ich sagen, dass es mir hier immer
noch sehr gut gefällt und ich die Zeit genieße. Meine Arbeit mit
den Kindern macht mir viel Spaß und ich freue mich nach wie vor
morgens über jedes strahlende Kindergesicht.
Es ist auch schön zu erleben, wie viel mir hier schon
vertraut ist, wie viel mir aber auch noch fremd erscheint in diesem
Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
Was
ist in den letzten 3 Monate so alles passiert? Weihnachten stand vor
der Tür und neben der Arbeit im Kindergarten kamen einige neue
Aufgabe auf mich zu. So war ich zum Beispiel am Aufbau und der
Durchführung eines Christmas-Stores beteiligt. In diesem konnten
sich die Kinder aus gespendeten Sachen, Weihnachts-geschenke für
Familienmitglieder und Freunde aussuchen. Des weiteren hieß es
unendlich viele, für die Kinder gespendete Geschenke einpacken. Es
ist hier Tradition, dass Privatpersonen oder Firmen an Weihnachten
für soziale Einrichtungen spenden. Das kenne ich aus Deutschland
nicht in diesem Maße.
Dann musste ein Programm für die Weihnachtsfeier im
Kindergarten auf die Beine gestellt werden. Es war also einiges zu
tun.
Da einige der Kinder auf dem Campus über die Feiertage
zurück zu ihren Familien oder Verwandten fahren durften, stand schon
ein paar Tage vor Weihnachten die Bescherung an. Es gab es ein großes
Abendessen mit allen Kindern und Mitarbeitern von Every Childs Hope,
bei dem es für jedes Kind ein Geschenk von Santa Claus gab. Danach
ging es für die Kinder in ihre jeweiligen Häuser, in welchen ihre
restlichen Geschenke auf sie warteten. Auch wir machten einen
Rundgang durch die Häuser. Es war schön zu sehen, wie sich die
Kinder mit strahlenden Augen über jedes einzelne Geschenk gefreut
haben.
Auch die Weihnachtsfeier im Kindergarten am folgenden
Tag bereitete mir viel Spaß. Jede Gruppe führte ein Gedicht, Lied,
oder Schauspiel vor. Ich begleitete meine Gruppe mit der Gitarre.
Heiligabend
verbrachte ich dann mit Jan und Mitfreiwilligen aus Philadelphia,
Iowa und Arkansas hier in St. Louis. Danach ging es nach
Philadelphia, um dort Silvester zu feiern. Bei einem Trip an die
Ostküste durfte natürlich ein Ausflug nach New York und Washington
D.C nicht fehlen.
Im
Januar machten sich Débora und ich auf nach Los Angeles. Schon
länger war es ein Wunsch von uns, an die Westküste zu reisen.
Es war eine sehr erholsame Woche unter Palmen.
Und
jetzt ist schon Februar und nächste Woche geht es auf ein
Zwischenseminar nach San Antonio, Texas. Ich freue mich schon sehr,
viele bekannte Gesichter wieder zu sehen, neue kennen zu lernen, sich
über das erste halbe Jahr auszutauschen und die Zeit zu
reflektieren.
In diesem Rundbrief soll aber auch
das Land , die Leute und die Kultur thematisiert werden. Es ist gar
nicht so einfach, die Unterschiede zu Deutschland zu benennen, da man
sich schon an so viel gewöhnt, jedoch auch vieles noch nicht
wirklich reflektiert hat.
United States of America - da
denken viele wohl zuerst an billiges Fastfood, übergewichtige
Menschen und dicke Autos. Es gibt viele Vorurteile, die wohl stimmen,
jedoch sind diese sehr verallgemeinert und treffen keinesfalls auf
jede amerikanische Familie zu. Ja, es gibt viele Fastfoodketten, so
dass es wirklich viele dicke Menschen gibt. Und ja, viele Amerikaner
legen auch einen großen Wert auf ihr Auto. Generell versuchen viele,
das Geld zur Schau zu stellen, was sie haben. Aber das ist ja bei uns
auch nicht viel anders.
Einige Unterschiede sind mir
gleich zu Beginn meines Aufenthaltes aufgefallen. Zum Beispiel, dass
fast alles größer ist als in Deutschland. Angefangen von den
sechsspurigen Straßen, auch "highways" genannt, den Autos,
den Wolkenkratzern bis hin zu den Geschäften, wo es fast alle
Lebensmittel immer zusätzlich im XXL Format zu kaufen gibt. Des
weiteren fiel mir sofort die Freundlichkeit der Amerikaner auf.
Selten erlebt man einen Tag ohne einen kleinen Smalltalk mit
Mitarbeitern des Campus oder auch fremden Menschen. Noch nie wurde
ich so oft in der Metro, auf der Straße oder in Shoppingmalls von
fremden Menschen angesprochen, die mir einfach nur ein Kompliment für
meine Schuhe machen wollten. Auch begrüßt sich hier jedermann
selbstverständlich auf der Straße mit " Hi, how are you
doing".
Des weiteren sind mir direkt die
vielen Amerikaflaggen aufgefallen, die fast an jedem Haus irgendwo zu
finden sind. Landesstolz wird hier sehr groß geschrieben. Leider
zeigen wenige Amerikaner demzufolge Interesse an anderen Kulturen.
Ich bin für amerikanische
Verhältnisse schon viel gereist, was mich sehr überrascht hat.
Leider verlassen die wenigsten Amerikaner jemals die USA oder ihre
Geburtsstadt.
Zudem
lieben es die Amerikaner einfach süß und fettig ! Das ist mir vor
allem bei dem Essensangebot an Kindergartenfesten aufgefallen. Das
sieht meistens nämlich folgendermaßen aus: bunte Cupcakes, (Muffins
nur 1000 mal süßer mit Zuckerguss und Zuckercreme auch "Icing"
genannt), sogenannter Fruitpunsch (Limonade) in ALLEN
Farben, Eiscreme, (oft wird eine Eiscremekugel in die Limonade
getaucht), Candy und Cookies und Chips in allen Variationen,
Chickenwings, Cheeseburger, Pommes und Pizza.Und leider ist davon
nichts selbst gebacken oder gekocht.
Erst recht wurde mir dies aber
bestätigt, als Débora und ich selbstgebackene Plätzchen an
Weihachten zum Probieren brachten und man uns fragte, ob wir den
Zucker vergessen haben.
Amerika ist aber auch ein Land der
Gegensätze ! Es gibt wohl kein Land in dem die Liste der
Fastfoodketten genauso lang ist wie die der Lightprodukte im
Supermarkt, so sind zwar viele Menschen übergewichtig andererseits
existiert ein überdimensionaler Fitnesswahn.
Ebenso
ist Amerika eine Nation, in
welcher man Reichtum und gleichzeitig erschreckende Armut beobachten
kann. Besonders aufgefallen ist mir dies an der Ostküste, wo die
Boulevards von Bettlern wimmeln und gleichzeitig die teuersten
Boutiquen gut Geschäfte machen.
Eigentlich dachte ich, Amerika sei
auch sehr fortschrittlich. Was ich jetzt jedoch nicht mehr behaupten
kann. Neue Filme, Musik, Handys kann man hier zwar Monate bevor sie
nach Europa kommen bewundern, jedoch gibt es kein funktionierendes
Gesundheits- und Bildungssystem, kein Waffengesetz und die
Todesstrafe wurde auch noch nicht abgeschafft. Für mich ist das
alles andere als fortschrittlich.
Alles
in allem kann ich sagen, dass ich sehr froh und dankbar bin dieses
faszinierende, vielfältige Land, die Kultur und die Menschen in
Amerika kennenlernen zu dürfen. Es ist interessant, täglich die
Unterschiede zu Deutschland zu erleben, sich bei manchen Dinge zu
wundern oder einfach nur drüber zu lachen. Ich bin wirklich
gespannt, was mich so in dem nächsten halben Jahr noch alles so
erwartet.
Ich hoffe, dass ich Euch in diesem
Rundbrief einen kleinen Einblick in das Leben hier geben konnte.
Jetzt freue ich mich nun auf die
zweite Hälfte meines Freiwilligen Friedensdienst vor allem auch auf
den Besuch meiner Eltern im März !
Ich will mich auch nochmal ganz
herzlich bei allen Unterstützerinnen, Unterstützer, Freunde und
meiner Familie bedanken. Ohne Euch könnte ich dies alles nicht
erleben! Danke :-)
Ich wünsche euch allen eine gute
Zeit, bis zu meinem nächsten Rundbrief :-)
Liebe Grüße,
Eure Maike.
Eure Maike.
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