Montag, 19. August 2013

4. Rundbrief

4. Rundbrief von Maike Paulus


                                                                               St Louis, 17.August 2013

Liebe Unterstützerinnen, Unterstützer, Verwandte, Freunde, Interessierte !

Dies wird mein vierter und auch letzter Rundbrief.
Nie hätte ich gedacht, dass dieser Tag so schnell kommen würde, aber mein Freiwilliger Friedensdienst in Every Child's Hope, mein Jahr in Amerika, Missouri, St Louis, ist fast vorbei. In nur wenigen Tagen werde ich zurück nach Deutschland fliegen.

                                                               St Louis , Top of the Arch

Es ist nicht einfach, heute einen Anfang zu finden, beziehungsweise Wörter und Sätze, die diesem Rundbrief gerecht werden. Es ist fast unmöglich, diese ganzen Emotionen, Erlebnisse und Erfahrungen der letzten Monate zu Papier zu bringen.
Vor allem aber die der letzten Wochen. Viele Mitarbeiter und Freunde stellen mir zur Zeit wieder und wieder die ein und dieselbe Frage: "Are you ready to go home ?" (Bist du bereit nach Hause zu fliegen?), fragen sie und schauen mich dabei neugierig an. Ich bin mir nicht sicher, ob sie darauf wirklich eine ernstgemeinte Antwort in Form eines einziges Satzes erwarten?! Ich kann ihnen diese jedenfalls nicht geben. Da ich den Leuten keinen zweistündigen Aufsatz über mein Gefühlschaos zumuten möchte, halte ich mich meist sehr oberflächlich und kurz. "No, not really, I'm so glad to see my familiy and friends again, but I would like to come back or visit other continents" ( Nein nicht wirklich, aber ich bin so froh meine Familie und Freunde wieder zu sehen, ich würde aber gerne zurück kommen oder andere Kontinente besuchen.) Aber eigentlich ist mir dieses Gefühlschaos bekannt. Es erinnert mich an die Zeit, kurz bevor ich nach Amerika flog. Auch damals war ich voller Vorfreude, Angst, Ungewissheit und Nervosität.

Die letzten Monate in St Louis waren sehr erlebnisreich. Auf dem Campus begann mit den Sommerferien der Jugendlichen das Sommerprogramm. Neben meiner Arbeit im Kindergarten von Every Child's Hope arbeitete ich nun nachmittags als "Summer-staff" ( Betreuer) im Sommerprogramm.

Das Sommerprogramm brachte jedoch nicht nur einen neuen Stundenplan, sondern auch fünf neue Gesichter in mein Leben.
 Mit den neuen Gesichtern meine ich das Sommerprogramm-Team. Alle sehr nette, freundliche, aktive, junge Erwachsene, mit denen wir uns sehr gut verstanden. Jeden Tag fanden jetzt also verschiedene Aktivitäten statt, die wir uns im voraus ausgedacht hatten. Wir bastelten Armbänder und Traumfänger, kochten Quesadillas und Smoothies und spielten Basketball oder Baseball. Nebenbei konnten die Teenager jeden Tag den Pool auf dem Campus besuchen.

Zum Abschluss des Sommerprogramms veranstalteten wir eine Talentshow. Mutig zeigten die Teenager ihre Talente: tanzten, lasen Gedichte vor, sangen oder rapten. Es war schön anzusehen, wie stolz die Jugendlichen den Applaus genossen.
Insgesamt gefiel mir das Sommerprogramm sehr gut. Es brachte Abwechslung, Spaß und neue Freunde.




Zu einem weiteren Highlight des Sommers in St.Louis zählt definitiv auch unser Trip nach San Francisco und in den Yosemite Nationalpark.
Eine Woche genossen Débora und ich Natur pur und anschließend ein aufregendes Wochenende in San Francisco.
Wir wanderten von Wasserfall zu Wasserfall, schwammen in glasklaren Seen, beobachteten einen wilden Bär und bewunderten Sequoia-Bäume. In San Francisco radelten wir anschließend über die Golden Gate Bridge, shoppten in Downtown, besuchten einen chinesischen Tempel in Chinatown und aßen leckere Pizza im italienischen Viertel.
Eine faszinierende Reise, an die ich mich sicherlich lange erinnern werde.

Zum Ende meines Freiwilligen Friedensdienst beschäftige ich mich zurzeit auch mit folgenden Fragen: „Inwieweit habe ich in diesem Jahr Frieden stiften können? Was trug ich zurVölkerverständigung bei? Konnte ich helfen?“ Das waren zumindest einige meiner Ziele, bevor ich in die USA flog.



In manchen Momenten dieses Jahres hätte ich diese Fragen wahrscheinlich mit einem „nein“ beantwortet. Trage ich zum Frieden bei wenn, ich Hamburger und Pommes auf den Lunchtellern der Kinder verteile oder drei Stunden am Frontdesk auf die Eltern warte, damit diese endlich ihr Kind abholen ?!
Wenn ich heute jedoch im Morgenkreis in die Gesichter der Kinder schaue, die ganz gespannt darauf warten, dass ich endlich die Seiten meiner Gitarre anspiele, kann ich diese Fragen definitiv mit „ja“ beantworten.
Viele Eltern sind auf das Early Education Center angewiesen. Während sie arbeiten, um ihre Familie ernähren zu können, bietet der Early Ed ihren Kinder einen beschützten, liebevollen Ort.
Durch meine Arbeit habe ich also zur Erleichterung des Lebens der Familien beigetragen.
Zudem hat es hat mich gefreut, den Kindern die Musik näher zu bringen.
Manche Kinder haben so das erste Mal in ihrem Leben zu einer Gitarre gesungen.
Auch konnte ich durch meine Bastel -und Kochideen das Sommerprogramm der Jugendlichen auf dem Campus von Every Child's Hope bereichern. Keiner der Jugendlichen hatte jemals bevor selber einen Früchte Smoothie zubereitet.

Auch wenn es insgesamt oft nur kleine Dinge waren, denke ich schon, dass ich durch meine Arbeitskraft für ein Jahr „geholfen“ habe.

Oft ging es auch darum, mein eigenes Land zu repräsentieren. Viele Menschen waren an der Kultur Deutschlands interessiert und so konnte ich also den einen oder anderen US-Amerikaner überzeugen, dass es in Deutschland weit mehr als nur Lederhosen, Bier und Autos gibt.

Dieses Jahr hat jedoch auch mich verändert.
Es gibt einfach so Vieles, was ich erleben, lernen und erfahren durfte.
Ich bekam die Möglichkeit, ein fremdes Land und eine fremde Kultur zu erkunden. Und so habe ich also auch gelernt, dass man in den USA nicht nur Fast Food Restaurants und übergewichtige Menschen vorfindet, sondern dass dieses Land weit aus mehr zu bieten hat.

All diese Erfahrungen haben mich verändert, haben mich wachsen lassen und verantwortungsvoll gemacht, haben mich gelehrt gewisse Dinge zu schätzen, die davor selbstverständlich waren.

Für mich hat sich auch die Sicht auf Deutschland verändert. Dieses Jahr hat mir Zeit gegeben nachzudenken, über meine Familie, meine Freunde, meine Zukunft.

Ich bereue keine einzige Sekunde, mich auf dieses Abenteuer eingelassen zu haben. Dieses Jahr war das Beste, was ich habe machen können.


"Eine fremde Kultur ergründen zu wollen,
ist wie der Versuch, den Horizont zu erreichen...
Irgendwann steht man wieder an dem Punkt,
an dem man begonnen hat - doch der Blick zum Horizont ist ein anderer."


Ich möchte mich hiermit nochmal ganz herzlich bei allen bedanken, die mir dieses Jahr ermöglicht haben.
Danke an all meine Unterstützerinnen und Unterstützer !
Danke an meine Familie !


Bis in ein paar Tagen in Deutschland, eure Maike :-) 

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